Im Tal der Mittleren Ebrach – einst weit abgelegen von der umtriebigen Welt – erhebt sich bis heute die gleichnamige frühere Zisterzienserabtei im Steigerwald. Noch immer künden die großartige ehemalige Kloster- und heutige Pfarrkirche St. Maria sowie die prächtigen Abteigebäude von der Strahlkraft, der Bedeutung und dem Reichtum dieser Ordensniederlassung, die von 1127 bis 1803 jahrhundertelang den weißen Mönchen eine Heimstatt bot. Auch wenn sich heutzutage ein Dorf um die alte Klosteranlage entwickelt hat und Ebrach zu einem in herrlicher Waldlandschaft gelegenen beschaulichen Marktflecken geworden ist, so prägt das einstige Kloster, dessen Wohnbauten seit 1851 als Zuchthaus bzw. Jugendstrafanstalt dienen, das Ortsbild weiterhin entscheidend.

Die Anfänge Ebrachs reichen bis in das beginnende 12. Jahrhundert zurück, als 1115 der Edelfreie Berno von Eberaha, ein wichtiger Gefolgsmann des Würzburger Fürstbischofs Embricho, seine dortige Burg mit ihren zugehörigen Besitzungen dem jungen Zisterzienserorden zur Gründung eines Klosters schenkte. Nach der Ebracher Klostertradition waren Bernos Bruder Richwin und beider Schwester Berthrade an der Schenkung beteiligt. Nach Aussage der selben Quelle erfuhr das Projekt einer fränkischen Zisterze auch durch die regierende Dynastie der Staufer deutliche Unterstützung: König Konrad III. (1138-1152) förderte den jungen Reformorden. Die engen Beziehungen der Staufer nach Ebrach belegt die Tatsache, dass dort später des Königs Gemahlin Gertrud († 1146) und beider Sohn Friedrich von Rothenburg († 1161) ihre letzte Ruhestätte fanden.

Zahlreiche andere Familien aus dem Umkreis des Herrschergeschlechts wie die Grafen von Sulzbach, die Dießen-Andechser oder der Pfalzgraf von Stahleck unterstützten die Neugründung genauso wie auch die Herren zu Castell. In der Gründungsphase tauchen Casteller als Zeugen in den Schenkungsurkunden der Würzburger Bischöfe oder des Königs auf.

1127 besiedelten schließlich, unter der Führung des ersten Abtes Adam Mönche aus der französischen Abtei Morimond, der jüngsten Urgründung des Mutterklosters Cîteaux, das Ebracher Waldtal. Damit entstand das erste rechtsrheinische Kloster der Zisterzienser, das zugleich das älteste und bedeutendste in Franken war. Jener Adam, der dem Konvent an die 40 Jahre vorstehen sollte, war ein enger und begabter Mitarbeiter des Hl. Bernhard von Clairvaux, welcher ihn sehr schätzte und der schwierigen, verantwortungsvollen Aufbauarbeit einer Neugründung für würdig erachtete.

Bereits 1134 konnte Abt Adam zusammen mit dem Würzburger Bischof Embricho die erste Klosterkirche einweihen, von der keine Spuren auf uns gekommen sind. Dabei wurde auch schon das spätere Schutzverhältnis angebahnt, das Eb-rach dann immer enger an den Würzburger Sprengel binden sollte und schließlich in langwierigen Auseinandersetzungen wegen des vergeblichen Strebens der Abtei nach Reichsunmittelbarkeit gipfelte. Äußeres Zeichen der Zuneigung und Förderung der Zisterze durch die Würzburger Fürstbischöfe war die seit dieser Zeit von ihnen bis 1573 beibehaltene Sitte, ihre Herzen am Ebracher Hochaltar beisetzen zu lassen.

Darüberhinaus scheint Abt Adam eine ansteckende spirituelle Ausstrahlung besessen zu haben, die zahlreiche Männer für den Eintritt ins Kloster begeisterte. So wurden binnen Kürze sechs Tochterklöster ins Leben gerufen, darunter im fränkischen Raum Heilsbronn, Langheim und Bildhausen. Später sollten noch drei weitere Filiationen hinzukommen.

Außerdem gelang es ihm, das Kloster von Anfang an auf eine gesunde wirtschaftliche Grundlage zu stellen: Durch Schenkungen begünstigt, konnte er zehn klösterliche Eigenhöfe am Main und im Steigerwald erwerben. Später wurde Ebrach zu einem der wohlhabendsten Klöster Frankens, das zuletzt in mehr als 700 Orten über Grundbesitz, Einkünfte oder andere Rechte verfügte. Über ein Netz von Amts- und Klosterhöfen (u.a. in Bamberg, Burgwindheim, Iphofen, Mainstockheim, Nürnberg, Oberschwappach, Rödelsee, Schwabach, Schweinfurt, Sulzheim und Würzburg) verwaltete die Abtei ihren reichen Besitz.

Auch die Grafen Castell förderten die Abtei weiterhin. So befreiten sie 1224 alle Weinberge, die sie oder ihre Vasallen dem Kloster geschenkt hatten, vom Vogteirecht (Die zugehörige Urkunde übergab übrigens der letzte Ebracher Abt Eugen Montag kurz vor der Aufhebung der Abtei 1803 dem Casteller Archiv als Geschenk). Bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts lassen sich zahlreiche Schenkungen, Verkäufe oder Tausche von Gütern oder Rechten der Casteller und ihrer Vasallen an Ebrach nachweisen (z.B. in Abtswind, Fahr, Geiselwind, Gerolzhofen, Gochsheim, Herlheim, Hohnsberg, Ilmenau, Kaltenhausen, Obereisenheim, Schallfeld, Schwebheim, Wiesentheid). Ihre Zuneigung demonstrierten die Grafen Castell auch dadurch, dass sich vom 14. bis zum 16. Jahrhundert mehrere unter ihnen die im 13. Jahrhundert erneuerte Klosterkirche als Grablege wählten. Nach der Zerstörung des Klosters Birklingen während des Bauernkrieges 1525 wurde sogar der Leichnam eines Casteller Grafen von dort nach Ebrach überführt.

Obwohl sich die Grafen zu Castell und die Ebracher Klostervorsteher in manchen Ortschaften wie z.B. Rödelsee und Abtswind in die Dorfherrschaft teilten, kam es zu keinen ernsthaften Streitigkeiten, sogar über die Einführung der Reformation in der Grafschaft Castell hinaus. Insgesamt bestand zwischen beiden ein gutes nachbarliches Einvernehmen: Ebrachs Äbte pachteten Jagdreviere von Castell, während sich die Grafen beim Kloster Geld borgten. Sogar bei der Bekämpfung der Wolfsplage im Steigerwald unterstützte der Abt den Grafen, indem er diesem sein Wolfsjagdzeug lieh.

1525 erlitt auch die Zisterze Ebrach schwere Schäden durch die sengenden und brennenden Horden der Bauern. Kontributionen und Plünderungen schädigten die Abtei während des Dreißigjährigen Krieges erneut; so befindet sich z.B. der 1631 von Gustav Adolf von Schweden erbeutete Ebracher Abtsstab noch heute als Teil des geraubten Kirchenschatzes in Stockholm.

Wie vielerorts in Franken erfolgte bald nach Kriegsende die Wiederherstellung und Erneuerung des Klosters, die sich bis Ende des 18. Jahrhunderts hinziehen sollte. Den Anfang machten die Äbte mit den Klostergebäuden, die zunächst nach Entwürfen von Johann Leonhard Dientzenhofer begonnen und dann nach einer Planänderung (evtl. durch Balthasar Neumann) unter der Bauleitung von Joseph Greising zwischen 1688 und 1734 vollendet wurden. Mit Ausnahme eines neuen Dachreiters (Zisterzienser dürfen nach Bauvorschrift ihres asketischen Ordens keine Türme errichten), den Greising 1716 aufgesetzt hatte, blieb der Baubestand der großartigsten frühgotischen Kirche in Deutschland äußerlich unberührt. Das Innere jedoch erfuhr von 1778 bis 1791 von Materno Bossi eine Umgestaltung im klassizistisch-kühlen Zopfstil.

Im 18. Jahrhundert zeugte der Kampf Ebrachs gegen den Würzburger Landesherrn um die Reichsunmittelbarkeit noch einmal von der Lebendigkeit und Bedeutung des Klosters, gerade auch in intellektueller Hinsicht. Die Chronik “Brevis Notitia Monasterii Ebracensi” des Abtes Wilhelm Söllner von 1738 und die Studien des letzten Abtes Eugen Montag, der ein hochgerühmter Staatsrechtsfachmann seiner Zeit war, sind das beredte Zeugnis dafür. Wie die Versuche des Klosters zu Zeiten Kaiser Karls V., die Würzburger Landsässigkeit abzuschütteln, blieben auch jene der Barockzeit ergebnislos. Umso trauriger stimmte die Mönche sicherlich, dass mit dem Reichsdeputationshauptschluss ausgerechnet jenes Gesetz ihre Abtei unter die reichsunmittelbaren Klöster zählte, das Ebrach schließlich 1803 aufhob. Die wertvolleren Kunstschätze und Bibliotheksbestände kamen als bayerischer Staatsbesitz in der Folgezeit nach München bzw. Würzburg. Die restliche Einrichtung und etliche Wirtschaftsgebäude wurden versteigert. Vor allem die Klosterwälder blieben in der Hand des Staates. Durch die Übergabe der Abteikirche an die Pfarrei und die Umnutzung der Gebäude für die Zwecke des Strafvollzuges blieb dem ehemaligen Kloster wenigstens das Schicksal anderer Ordenshäuser, wie z.B. Münsterschwarzach, erspart. Außer dem Torhaus, der Sepulturkapelle und der Pfarrkapelle wurden keine Baulichkeiten abgebrochen.

So lohnt noch heute ein Besuch der Abteikirche, die 1200 begonnen und 1285 geweiht wurde, mit ihren beeindruckenden Ausmaßen von über 87 mal 49 Meter Länge in Schiff und Querhaus. Als typischer Zisterzienserbau ist sie von nobler, schmuckloser Strenge mit gerade geschlossenem Chor und einem Kapellenkranz. Über der Vierung erhebt sich der prächtige Dachreiter, und eine herrliche vom Querhaus der Pariser Kathedrale Notre-Dame beeinflusste Rosette beleuchtet das Langhaus. Die elegante klassizistische Dekoration der Wände und Gewölbe des Schiffs, die der Hofstuckateur Bossi schuf, wirken im Zusammenklang mit den ausdrucksstarken Statuen und Reliefs Johann Peter Wagners an den Altären und dem Chorgestühl wie eine stilvolle, aber von ähnlichem Geist inspirierte Verfremdung des klaren gotischen Raumes. Wenn sich die Gelegenheit bietet, sollte man dem Klang der drei Orgeln lauschen, von denen die beiden im Chor noch ihre originalen, barocken Werke besitzen.

  Wappen der Grafen zu Castell am westlichen Erker des Abteigebäudes

Besonderes Kleinod ist die Michaelskapelle, die nördlich an das Querhaus angefügt ist und schon 1207 vollendet war. Sie besitzt eine reiche Gliederung mit dreipassförmigen Blendarkaden und schlanken Runddiensten, die das bereits spitzbogige Gewölbe stützen. Dieser vollendet schöne Raum, der an der Wende von der Spätromanik zur Frühgotik steht, diente einst als Stiftergrablege und Beinhaus.

  Michaelskapelle

Von den nach außen hin schon von Einfluss und Wohlhabenheit der Zisterze kündenden Abteigebäuden sind das doppelläufige Treppenhaus und der festliche Kaisersaal zu besichtigen. Die Stiege, die nach dem Vorbild von Schloss Pommersfelden angelegt wurde, führt den Besucher in den weiträumigen, zweigeschossigen Festsaal, der in Aufwand und Programm den Anspruch des Klosters auf die Reichsunmittelbarkeit unterstreichen sollte. Pilaster und Vollsäulen aus rotem Stuckmarmor gliedern die figurengeschmückten Wände, die von einem mit Stuck und Gemälden von Cl. A. Lünenschloß und J. A. Remela gestalteten Plafond überhöht werden. P.A.S.

 

Graf Rupert zu Castell befreit alle von seinen Vasallen dem Kloster Ebrach geschenkten Weinberge vom Vogteirecht (1224)

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