RÜDENHAUSEN

Markt Rüdenhausen
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Der Ortsname Rüdenhausen geht wohl auf den frühmittelalterlichen Personennamen “Ruodo” zurück, womit also die Häuser des Ruodo gemeint waren. In einer Schwarzacher Klosterchronik (“Chronicon minus”), die uns als Abschrift aus dem Kloster Birklingen erhalten ist, wird Rüdenhausen bereits für das Jahr 892 belegt, als Bischof Dracholf von Würzburg Rüdenhausen und andere Orte dem Kloster Schwarzach schenkte. Es heißt dort weiter, unter der Regierung des Abtes Egbert (1047-1075) seien dem Kloster von Adeligen viele Güter geschenkt worden, u.a. von dem Grafen Hermann und seinem Bruder zwei Hufen in Rüdenhausen. Urkundlich werden die villa Rudenhusen und die Weinberge am Rüdenhäuser Berg jedoch erst in der Teilungsurkunde der Grafen Heinrich und Hermann zu Castell um 1266 erwähnt, als die dortigen Eigengüter der Linie vom unteren Schloss zufielen. Die hier ursprünglich vorhandenen drei Rittersitze waren im Mittelalter jedoch stets an adelige Vasallen der Grafen verliehen. Im 13. Jahrhundert saßen die Schelle im “alten Schloss”, die Kielholz in dem “Haus am See” und die März in der “Burgveste bei der Kirche”. Alle benannten sich “von Rüdenhausen”. Einzig der Burgsitz der Schelle ist heute noch vorhanden. Er wurde nach dem Aussterben der Familien oder nach Verkauf im 14. Jahrhundert an die Ritter von Colle, Seckendorff und die Fuchs von Dornheim verliehen. 1412 besaß ein Gnott-stadt die Veste bei der Kirche, ein Fuchs von Dornheim das damals schon ruinöse Haus im See und ein Seckendorff das alte Schloß. Die Gnottstadt konnten im Laufe des 15. Jahrhunderts sämtliche Casteller Lehengüter an sich bringen, die sie bis zu ihrem Aussterben 1533 besaßen. Durch Schenkungen hatten hier noch andere Herrschaften Güter, u.a. die Johanniter-Kommende Biebelried, die Abtei Ebrach und das Frauenkloster St. Marx in Würzburg. Nach dem Heimfall der an die Gnottstadt verliehenen Lehen blieb Rüdenhausen überwiegend im Eigenbesitz der Grafen zu Castell. Graf Wolfgang und seine Gemahlin Gräfin Martha wohnten nun häufig in Rüdenhausen, wofür er 1534 auch eine neue Dorfordnung erließ; aber erst ihr Sohn Graf Georg machte die Wasserburg 1555/56 zu seinem ständigen Wohn- und Amtssitz.

  Herrschaftsstand der Fürsten zu Castell-Rüdenhausen

1597 teilten die Grafen Gottfried und Wolfgang schließlich die gesamte Grafschaft in zwei Hälften, wobei Rüdenhausen Sitz der Linie Castell-Rüdenhausen wurde. Der bedeutendste Vertreter dieser Linie war Graf Johann Friedrich zu Castell-Rüdenhausen (1675-1749), der 1721 markgräflich-ansbachischer Landhofmeister, 1729-32 Direktor des fränkischen Grafenkollegiums war und 1732 zum Kaiserlich Geheimen Rat ernannt wurde. Als Landesvater hat er sich außerordentliche Verdienste erworben, so gründete er z.B. auf dem Steigerwald die Ortschaften Rehweiler, Seitenbuch und Herper, verlieh Rüdenhausen 1747 die Marktgerechtigkeit, baute das Jagdschlösschen auf dem Friedrichsberg und ließ in seinem Residenzort über vierzig neue Bürgerhäuser errichten. Er war fünf Mal verheiratet (1 x Castell, 3 x Hohenlohe, 1 x Rantzau), hatte aber nur drei Kinder, die das Erwachsenenalter erreichten. Mit seinem Sohn Friedrich Ludwig Carl Christian starb die ältere Linie Castell-Rüdenhausen 1803 aus. Die Nachkommen der neuen Linie Castell-Rüdenhausen bewohnen bis heute das Schloss. Aus ihr entstammte auch Graf Alexander zu Castell-Rüdenhausen, der 1898 die Erbenkelin des berühmten Bleistiftbarons Lothar von Faber heiratete und mit dieser Ehe die Familie der Grafen von Faber-Castell begründete (vgl. Schwanberg).

Das Alte Schloss hat wie wenige Burgen im weiteren Umkreis sein mittelalterliches Gepräge bewahrt. Die ehemalige Wasserburg wird aber heute nur noch von einer Seite vom Schirrnbach umflossen. Zahlreiche Wappen und Inschriften im Innenhof und in den Innenräumen zeugen von der regen Bautätigkeit des Grafen Wolfgang und seines Sohnes Georg, nachdem die Burg an Castell heimgefallen war. Wappenstein Castell und Wertheim, Inschriftstein mit Wappen Castell und Limpurg von 1573. Treppenturm mit schönem Renaissanceportal. Nach der Hochzeit des Grafen Casimir mit der holländischen Gräfin Mechtild Bentinck 1905 wurde das Alte Schloss um einen westlichen Anbau erweitert und aufgestockt (Architekt Prof. Otto Schulz, Nürnberg).

  Schloss Rüdenhausen 1767 (Georg Adam Rübel)

Das auch heute noch häufig in Reiseführern beschriebene “schlichte, klassizistische” Neue Schloss wurde 1973 abgerissen, nachdem es im Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit als Lazarett, Krankenhaus und zuletzt als Altenheim gedient hatte. Es stammte von 1854/57 und war im Auftrag des Grafen Wolfgang zu Castell-Rüdenhausen von dem Architekten Theodor Hergenröder entworfen worden. Später wurde das Neue Schloss noch durch einen Wintergarten (1871/72) und einen Nordflügel mit Neorenaissancegiebel (1873/74) erweitert.

Durch den frühen Tod des Erbgrafen Siegfried zu Castell-Rüdenhausen (1860-1903), der als deutscher Gesandter in Santiago de Chile starb, wurde die sogen. Gruft angelegt, ein Familien-Friedhof, der sich südöstlich, nur durch die Hauptstraße getrennt, an den Schlosspark anschließt. Daran angrenzend der aufgelassene Friedhof des Krankenhauses und Altenheims, das sich im Neuen Schloss befunden hatte.

Die ev. Pfarrkirche St. Peter und Paul, die 1708-12 im Auftrag des Grafen Johann Friedrich erbaut wurde, beherbergt einige bedeutende Denkmäler. Das Langhaus wird an der Süd- und Westseite von doppelten Emporen und dem Stand der fürstlichen Familie Castell-Rüdenhausen, deren jeweiliger Linien-Chef bis 1969 Patronatsherr der Kirche war, eingerahmt. Der sich auf vier gewundenen Säulen aufbauende, spätbarocke Altar zeigt unten die Abendmahlsszene und im Altarblatt die Kreuzigung Christi (um 1708). Darüber das Wappen des Grafen Johann Friedrich und seiner dritten Gemahlin, der aus Holstein stammenden Gräfin Catharina Hedwig von Rantzau-Breitenburg (1683-1743). Nicht aus Unwissenheit des Malers, sondern aus Courtoisie dreht sich das Wappen des Ehemannes dem Wappen seiner Frau zu, daher sind die rot-silbern gevierten Felder in dem Castell’schen Wappen vertauscht. Dem Einfluss Gräfin Catharinas ist es wohl zuzuschreiben, dass im Chor ein in Süddeutschland sehr seltener Taufengel von der Decke schwebt, der bei Taufen herabgelassen wird; die Taufschale wird dann in den Lorbeerkranz gelegt. Die achteckige Kanzel zeigt die vier Evangelisten und Christus Salvator, auf dem Schalldeckel einen Posaunenengel.

Bemerkenswert sind die Grabdenkmäler und Epitaphien in Chor und Langhaus. Nach der Säkularisierung 1803 wurde das Kloster auf der Vogelsburg, das seit seiner Gründung dem Haus Castell als Grablege gedient hatte, abgerissen bzw. stark umgebaut. Dabei drohte die Zerstörung der Castell’schen Grabdenkmäler, weshalb man sie auf Initiative des damaligen Archivars Friedrich Wilhelm Viehbeck 1809 nach Rüdenhausen brachte und im Chor der Kirche aufstellte. Das Grabmal für Graf Hermann II. (†1285), den Stifter des Karmelitenklosters auf der Vogelsburg (1282), wurde erst um 1500 angefertigt, vielleicht um in einer Zeit der Krise an die Ursprünge der Ordensniederlassung zu erinnern. Das Protokoll des damaligen Amtsarztes bestätigte die enorme Körpergröße und den “athletischen Körperbau” des Grafen. Das Grabmal des Grafen Friedrich V. zu Castell, der am 6. Mai 1325 als fünfjähriges Kind gestorben ist, zeigt das runde Casteller Wappen mit Helm, Helmdecke und Büffelhörnern. Es ist eines der wenigen mittelalterlichen Kindergrabmäler Mitteleuropas und daher eine besondere Rarität. Unter der Wappenscheibe sieht man eine anrührende Szene: der verstorbene Knabe hält einen Vogel auf seiner Hand, während zwei Hunde vor ihm sitzen bzw. liegen. Das Wappen auf dem Grabmal des Grafen Hermann IV. ziert dagegen keine Büffelhörner, die im Hause Castell ungewöhnlich sind, sondern die bis heute als Helmzier üblichen Pfauenfedern. Hermann IV. war Landrichter am kaiserlichen Landgericht zu Nürnberg, stiftete mit seiner Gemahlin Luckardis Herzogin von Teck die Antonius-Kapelle in Großlangheim und 1355 eine Frühmessstiftung in Iphofen.

  Grabmal des Grafen Hermann II., Stifter des Karmelitenklosters auf der Vogelsburg

Einige Grabmäler stammen noch aus der alten Kirche, die 1708 abgerissen wurde. Das älteste ist das Grabmal der Margarete von Gnottstadt, einer Tochter des Hans von Gnottstadt und seiner Gemahlin Anna von Seckendorff, wie die Wappen links und rechts oben auf dem Stein bezeugen. Das Wappen der Gnottstadt, ein springender Rüde, wurde wohl auch zum erstmals
Mitte des 16. Jahrhunderts nachweisbaren Gemeindewappen von Rüdenhausen. Den geflochtenen Lindenzweig der Seckendorff findet man außer auf dem Grabmal auch auf dem spätgotischen Abendmahlskelch, den wohl der letzte Gnottstadt und seine Frau der Pfarrkirche geschenkt haben.

Das prächtigste Denkmal ist das Renaissanceepitaph, das an den Grafen Georg (†1597) und seine Gemahlin Eva Schenkin von Limpurg (†1588) erinnert. Es wurde noch 1589 zu Lebzeiten des Grafen Georg aus Casteller Alabaster angefertigt. Im Untergeschoss befinden sich zwei Inschrifttafeln, auf denen die Verstorbenen in lateinischen Versen aus ihrem Leben erzählen. Im Hauptgeschoss betet die ganze Familie kniend zu dem gekreuzigten Jesus Christus, links Graf Georg mit seinen Söhnen: Wolfgang, der später die Linie Castell-Remlingen begründen sollte; Gottfried, der Stammvater der Rüdenhäuser Linie, und Johann Philipp, der damals schon gestorben war. Rechts vom Betrachter kniet Gräfin Sophia mit ihren Töchtern Ottilia Maria (die 1594 den Schenken Karl von Limpurg-Gaildorf heiraten sollte) und Martha. Die die Szenerie flankierenden Frauengestalten symbolisieren links Fides, den Glauben, und rechts Caritas, die Liebe. Die Ahnenwappen zeigen oben die Wappen der Verstorbenen: links Castell, rechts Schenken von Limpurg, und unten die Wappen der Mütter: links Wertheim und rechts Schwarzburg. Im Obergeschoss ein Auferstehungsrelief umgeben von den Tugendfiguren Justitia (Gerechtigkeit), Sapientia (Weisheit) und darüber Spes (Hoffnung).

Weitere Grabmäler: Grabmal der Gräfin Charlotta Juliana zu Castell-Rüdenhausen, der ersten Gemahlin des Grafen Johann Friedrich, die 1696 im Kindbett starb. Grabmal der Gräfin Charlotta Luisa zu Castell-Rüdenhausen, geb. Gräfin zu Hohenlohe-Langenburg, die 1697 gleichfalls im Kindbett starb. Bemerkenswert sind hier die zahlreichen Wappen ihrer väterlichen und mütterlichen Vorfahren. Vergleichbar damit ist das Grabmal für die vierte Gemahlin des Grafen Johann Friedrich, die Gräfin Eleonora Christana, geb. Gräfin zu Hohenlohe, die zwei Stunden nach der Geburt des Erbgrafen ebenfalls im Kindbett starb. Das Epitaph für den Grafen Johann Friedrich selbst hängt erhöht im Chor und ist eine sehr prächtige Arbeit des aus Meran stammenden Hohenlohe’schen Hofbildhauers Johann Baptista Lauggas, die er 1751 in Oehringen anfertigte. Gedenkstein an die 29 Angehörigen des Hauses Castell, die zwischen 1588 und 1803 in der alten und 1708 neu erbauten Kirche beigesetzt wurden. Gedenkstein für den 1944 in Rumänien vermissten Fürsten Rupert zu Castell-Rüdenhausen.

An der Straße nach Abtswind steht heute noch das alte Gerichtsgebäude. Rüdenhausen gehörte bis in die 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Cent Stadtschwarzach. Als die Grafen zu Castell ihren Einfluss auf diese Cent jedoch verloren hatten und Graf Georg seinen Wohnsitz in Rüdenhausen nahm, wurde der neue Residenzort aus der Schwarzacher Cent herausgelöst. Nachdem man quasi aus eigenem Recht einen neuen Centbezirk gebildet hatte, wurde dieser Zustand 1662 durch Vertrag mit dem Hochstift Würzburg geregelt und die Cent Rüdenhausen mit der Cent Castell vereinigt. Dieses Gericht wurde dann von beiden Linien gemeinschaftlich verwaltet. Nach der Mediatisierung der Grafschaft Castell (1806) wurde hier ein Herrschaftsgericht 1. Klasse eingerichtet, das bis 1825 seine Berufungsinstanz bei der Justizkanzlei in Castell hatte, aber nach der Revolution 1848 aufgelöst wurde.

Das frühere fürstliche Domänenamt, ein ansehnlicher Fachwerkbau (1817) mit mächtigem Mansarddach und rundem Eingangsportal, ist heute das Rathaus. Das Nachtwächterhäuschen gegenüber dem Schloss stammt von 1672. J.D.

  Rathaus Rüdenhausen

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